Leserbrief – gedruckt 31. März 2021 Schaumburger Nachrichten

Reset!

Zum Thema Edeka-Neubau in Lauenauer Ortsmitte

Mehr Bürgerbeteiligung stellte die Lauenauer SPD nach der „Herbertus-Episode“ in Aussicht. Mehr aktive Beteiligung von Politik und Verwaltung erwarte ich darüber hinaus angesichts der dramatischen Entwicklung in Sachen Edeka-Neubau! Vorgestellt wurde soeben der dritte (?) „Versuch“ der Planer, den neuen Markt im Zentrum des Fleckens zu platzieren. Erneut ein No-Go! Das sollten auch die Ratsmitglieder rund um Gemeindedirektor Sven Janisch so sehen und eine Allianz mit allen Parteien und Bürger*innen schmieden, um gemeinsam Alternativen zu den aktuellen Ideen der Planer zu entwickeln. Diese haben es nicht verstanden, dass in ortsprägender Lage kein Gebäudemonstrum entstehen darf, das allenfalls zur Platzierung auf der grünen Wiese taugen würde. Bei der Vorstellung des Konzepts wurde unter anderem damit argumentiert, „im Flecken herrsche eh ein Stilmix“. Kein Grund, diesen durch Scheußlichkeit zu überbieten.

Es ist richtig: unterschiedliche Stile prägen den Ort. Umgeben von sehenswertem Fachwerk im alten Binnenflecken, der (inzwischen lückenhaften) urbanen „Prachtstraße“ mit Bürgerhäusern aus der Gründerzeit und dem Industrieareal der alten Casalawerke wartet insgesamt eine Fläche in der Größe von annähernd zwei Fußballplätzen auf eine optimale Nutzung und eine harmonische Verbindung dieser Bereiche. Ein Edeka in der Ortsmitte ist begrüßenswert, zumal er durch seine Magnetwirkung gut für die weitere Entwicklung des Fleckens sein wird. Das Großprojekt sollte aber als Herausforderung dienen, Schönes, Sinnvolles und ökologisch Wertvolles zu errichten. 

Seit vielen Jahren wird die Ortskernentwicklung betrieben. Scheibchenweise unter Ausklammerung der genannten Fläche. Schon vor Jahren forderten wir als Grüne im Rat erfolglos ein Gesamtkonzept unter obigen Aspekten. Stattdessen vertraute die SPD-Ratsmehrheit auf die Edeka-Ideenschmieden und sorgt(e) inzwischen vorsorglich per Abrissbirne für eine Freifläche nach der anderen. Großzügig überließ man jenen Planern das Areal in der Hoffnung, dass etwas Vernünftiges dabei herauskommt.

Ist es vernünftig, dass nun ein zum größten Teil ebenerdiger Fremdkörper von immensen Ausmaßen entstehen soll, während gleichzeitig dringend Wohnraum benötigt wird? Wäre es nicht vernünftiger, in Anlehnung an die benachbarten Industriebauten ein oder zwei Stockwerke – gern mit Penthousewohnungen und Dachterrassen – draufzusetzen? Vielleicht ließe sich der Edeka-Konzern für diese Option gewinnen, da nicht zuletzt auch aufgrund des Regionallagers im Logistikpark Wohnraumbedarf für dessen Mitarbeiter besteht. Ist es vernünftig, dass auf der „Regenbergimmobilie“ Wohnungen gebaut werden sollen, die aber gleich durch den direkten Blick auf die Edeka-Zulieferzone entwertet werden? Eine Grünfläche vis à vis (gern auch mit Bouleplatz!) wäre eine bessere Lösung. Ist es vernünftig, dass ein bestehendes Geschäfts- und Wohngebäude von dem Riesenkomplex erdrückt und das derzeitige Bürgerhaus dem Erdboden gleich gemacht wird, anstatt es zu erhalten und zusammen etwa mit dem soeben sanierten „Griesbach-Haus“ Teil der Gesamtplanung werden lassen? Vernünftiger wäre, Bestehendes nicht abzureißen, sondern intelligent und harmonisch zu integrieren.

Mehr denn je gewinnt die Forderung nach einem ganzheitlichen Konzept an Bedeutung, das sich von der ehemaligen Herbertus-Stube bis zur Regenbergimmobilie erstreckt. Dieses darf aber nicht von Ideen der Edeka-Planer geprägt werden, sondern von den Menschen, die hier wohnen und leben sowie externen Städteplanern, die dazu motivieren, eine einzigartige Chance wahrzunehmen: In Lauenau etwas Außergewöhnliches und Vernünftiges zu schaffen. Einkaufserlebnis, verbunden mit hoher Wohn- und Aufenthaltsqualität.

Ein moderner Edekamarkt im Zentrum des Fleckens kann und soll eine Bereicherung sein. Ohne Frage. Doch das WIE ist noch lange nicht ausdiskutiert. Deshalb muss Einigkeit bestehen, JETZT die Reset-Taste zu drücken. Erste Vorschläge aus der Bevölkerung wurden bereits vorgestellt, dessen aktive Beteiligung und Teilnahme jedoch muss wachsen. Ein Blick nach Helpsen sei hier empfohlen. Dort entwickelt sich soeben ein Bürgerprotest zur „Rettung der Grünen Mitte“, welche durch eine Edeka-Erweiterung bedroht wird.

Davon ausgehend, dass auch die SPD-Fraktion nicht mit dem vorliegenden Planungsentwurf Nr. x zufrieden sein kann, erwarte ich jetzt schnelles Handeln, mehr Phantasie – und Mut.

Norbert Bruhne
Lauenau